BERLINER ZEITUNG
Michaela SCHLAGENWERTH 21.2.2015
Wo bin ich, und wenn ja, wer?
Es ist eine verrückte, alle Sinne irreführende Performance(…)Leise beginnt eine Stimme etwas in unser Ohr zu flü̈stern, trappelnde Geräusche sind hörbar, Sterne sprühen einem entgegen, und mitten in diesem Sternensturm, der sich bald zu einer Reise ins Innere eines Herzens verwandelt, tanzt Yui Kawaguchi(…)Wie Kawaguchi in ihrem Stück 3D und live-Performance miteinander kurzschließt und dies mit unterschiedlichen Fragestellungen kreuzt, das ist als Konzept herausragend…was bleibt, ist diese merkwürdige Verschiebung zwischen dem Japanisch-Exotischen, das Kawaguchi durchaus ironisch einsetzt, den Sinnen – alsbald schlägt etwa das Herz in den Händen auch ohne Anschluss an die Tänzerin - den enorm poetischen Bildüberflutungen. Wo bin ich? Und, wenn ich mich angefunden habe: Wer bin ich? Wer könnte darauf in Zeiten von digitaler Komplett-Erfassung noch sichere Antworten geben.
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NEUES DEUTSCHLAND
Volkmar Draeger 20.2.2015
Virtuelle Körperwelten
Mit »MatchAtria« präsentiert sie derzeit in den Sophiensaelen eine multimediale Tanzinstallation, die beides auf poetische Weise verknüpft: den Matcha der Teezeremonie mit dem Herzen, genauer seinem Vorhof Atria. Daraus ist gemeinsam mit dem Filmregisseur und Visual Artist Yoshimasa Ishibashi ein dreiviertelstündiges Gesamtkunstwerk von so überraschender wie entspannender Geschlossenheit geworden(…)nimmt uns Yui Kawaguchi mit auf eine Reise - durchs Universum ebenso wie durch den Mikrokosmos des Körpers. Tee wird nicht gegenständlich eingeschenkt, wohl aber hört man Stimmengeflüster, bald im rechten, bald im linken Ohr, und das Gluckern des in klappernde Tassen fließenden Getränks. Ansagen werden gemacht, Schritte hallen. Auf japanische Art kniend grüßt die Tänzerin, derweil im Film Blasen sie umfliegen und in den Raum drängen. Die Herzen in den Händen leuchten auf und auch eine Glaskugel neben Kawaguchi. Wie eine Partitur nimmt sie die Geräuschkulisse - ob knarrende Tür oder Getrappel - auf und setzt sie in gestische Bewegung um, biegsam, kontemplativ, im Film von roten Flocken, Blutkörperchen vielleicht, umweht(…)Einzig lebendig in dieser virtuellen Welt ist die Tänzerin, und doch ist, was man sieht, hört, fühlt, mit ihrer Leiblichkeit verknüpft: eine einzigartige Erfahrung, die alle zu einer Einheit verschmilzt.
(…)Für einen Moment aber ist zustande gekommen, was sich jeder Bühnenkünstler wünschen dürfte: das Verschmelzen von Szene und Saal zum pulsierenden Miteinander. Dem hätte man gern länger beigewohnt.
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Tanzpresse.de
Annett Jaensch 25.02.15
Bis in die Kapillaren
Wer hätte gedacht, dass 300 Gramm Silikon in der Hand so viele Emotionen aufwirbeln können?(...)Was kalt und technisch klingt, eröffnet alsbald eine ungeahnte Nähe zur Tänzerin: Es ist ihr Herzschlag, der in unserer Hand pocht!(…)Multimedial ist die Performance angelegt und von der ersten Minute an stürmt sie die Sinne. Der Kopfhörer legt einen Surround-Sound um die Ohren und dank der 3D-Brille auf der Nase wölben sich die Videoprojektionen plastisch in den Raum hinein. Da zerstäuben Figuren zu tausend Partikeln, dann wieder taucht der Tänzerinnenkörper in einen Schwarm aus wabernden Zellen ein, ein andermal fliegt die Kamera elegant durch Wälder und übers Meer. Makro trifft Mikro, Innen ergänzt Außen(…)Es gibt den Ausdruck „Ichigo Ichie“ im Japanischen. Er entspringt dem Zen-Buddhismus und bedeutet soviel wie „einzigartige Gelegenheit“, die in jeder Teezeremonie zelebriert sein will. Am Ende von „MatchAtria“ stellt sich genau dieser Eindruck ein: japanischer Gastfreundschaft in Form einer besonderen Performance beigewohnt zu haben.
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TANZ
Arnd Wesemann Februar 2015
kammerflimmern
Diese Tänzerin tanzt wirklich schön. Aber unwirklich. Denn der Zuschauer, obwohl er im Theater sitzt, trägt einen Kopfhörer für den ultimativen Surroundsound, trägt eine Brille für den perfekten 3D Eindruck. Und er hält das Herz der Tänzerin in der Hand. Zumindest ist es ein sehr präzises, aus Plastilin gefertigtes Modell der menschlichen Pumpe. Yui Kawaguchi tanzt, zieht ein Stethoskop zu sich heran, hält es vor ihre Brust. In diesem Moment regen sich realistische 300 Gramm Lebensgewicht in meiner Hand, das Kunstherz pulsiert unter meinen Fingern. Unwillkürlich umfasst man das weiche Organ fester, erschrocken. Auch der eigene Puls wird schneller. Dabei halte ich doch nur eine klopfende, mit einem Kabel verbundene Beatbox fest. Oder nicht? (...)Ein Schaudern fährt durch den Körper, wenn das Herz in meiner Hand zu flimmern beginnt, dieses Wunderwerk von Junji Watanabe, einem Forscher, der sein Leben dem Taktilen gewidmet hat, als dem einzigen Sinn, dem der Tanz nie wirklich nachkommen kann. Wenn man ihn nicht bei Yui Kawaguchi erfahren hätte. Furcht, Mitleid, das ganze Theaterarsenal strömt durch die eigenen Hände.
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Corriere Adriatico
Lucilla Niccolini
27.6.2015
Yui Kawaguchi hat mit MatchAtria das Inteatro Festival eröffnet
(...)Schön, wie sich die junge Tänzerin bewegt. Gekleidet in einen eleganten schwarzen Einteiler im japanischen Stil, regt sie ihre Gliedmaßen sitzend, kniend, hockend wie ein schlaksiger, sehr eleganter Elf. Und währenddessen, dank der Videokunst ihres Partners Yoshimasa Ishibashi, strömen uns, die wir 3D Brillen tragen, Lichtpunkte und Rochen, kleine Prismen und bunte Linien entgegen, bis wir in einen himmelblauen See eintauchen, an Wiesen und Wegen und Tannenwälder vorbeikommen, um bis zur Erregung in einen einzigen Fluss des Genießens hineingezogen zu werden. Den Herzschlag der Tänzerin zwischen den Händen zu spüren, schließt den Kreis dieser wunderschönen totalen Performance...
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Badische neueste Nachrichten
Katharina Lohmann
19.11.2015
Realer Herzschlag
Tanz mit Yui Kawaguchi - Eindrucksvoller Auftritt im ZKM Karlsruhe
Die Tänzerin Yui Kawaguchi bewegt sich im Halbdunkel. Ihr Stil ist einzigartig - Handbewegungen, ein weich fließender Körper, plötzlich sehr schnelle, kantige Gesten. Eine riesige Videoleinwand beginnt zu leuchten: tausend kleine Lichter fliegen wie eine kosmische Sternenstraße auf den Zuschauer zu(…)Die Filmaufnahmen haben erstklassige Kino-Qualität: Die klaren Farben und Kontraste saugen die Sinneszellen an.
(…)MatchAtria lässt alles hinter sich, sie inspiriert die Fantasie, nimmt die Sinne in Beschlag, nichts anderes ist mehr wichtig. Viele kleine Geschichten, wechselnde Eindrücke, die kuriosen Ideen von Yui Kawaguchi und dem bildenden Künstler und Filmregisseur Yoshimasa Ishibashi werden zu einem fantastischen Gesamtkunstwerk. Das ambitionierte Projekt der beiden Japaner ist eine technische und künstlerische Glanzleitung und ein klarer Höhepunkt des diesjährigen Festivals „Tanz Karlsruhe 15".
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Nürnberger Nachrichten
Birgit NÜCHTERLEIN / Katharina ERLENWEIN
16.05.2015
Träumen auf der Spur
Endspurt beim internationalen Figurentheater-Festival
(…)Mit einer Zeremonie aus multimedialer Performance und Tanz bezauberte die japanische Künstlerin Yui Kawaguchi im Erlanger Markgrafentheater... Ein kleines Fest für die Sinne ist geboten, das freilich auf Effekte setzt und seinen Höhepunkt erreicht, wenn die Silikonherzen den Herzschlag der Tänzerin in die Hände der Zuschauer übertragen.
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Kölnische Rundschau
Thomas LINDEN
22.10.2015
Intimität und Überwältigung
Künstler aus Japan und Bulgarien eröffnen das Festival Globalize:Cologne
„MatchAtria“ zieht alle Register medialer Effekte.
(…)Dass die deutsch-japanische Produktion nicht in einer digitalen Überwältigungsstrategie verlor, lag am Tanz von Yui Kawaguchi, der sich mit einer Geschmeidigkeit vollzog, die keinen Gedanken daran aufkommen ließ, dass menschliche Bewegung von Muskeln, Sehnen und Knochen in Funktion gesetzt wird. Die Japanerin bietet Tanz dar und liefert ihr Herz aus, so dass eine Intimität entsteht, die den digitalen Bildern die notwendige Körperlichkeit verleiht.
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Kölner Stadt-Anzeiger
22.10.2015
So klein und so leise
So klein ist ein Herz und so leise. So weit ist der Horizont und so laut das weltliche Getümmel(…)Zuerst hörte man den Puls wie in weiter Ferne. Später fühlte man ihn in der Hand pochen. Ganz schnell. Als Pumpen von Flüssigkeit wurde es spürbar : Das des Herzens der Tänzerin auf der Bühne, die soeben einen verkabelten Sensor an ihren Körper hielt, der den Impuls in die verkabelten Maschinchen in unseren Kunststofforganen schickte. Dieser unmittelbare Moment von Lebendigkeit war unglaublich berührend.
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EL MUNDO
Julia MARTÍN
24.12.2015
Las tradiciones en la sangre nueva
Traditionen voll frischem Blut
Aus Japan kam die innovativste und faszinierendste Produktion dieser Woche (...)
Die Überraschung kam von der japanischen Tänzerin Yui Kawaguchi und dem Multimedia-Künstler Yoshimasa Ishibashi mit einem Werk über Intimität und Harmonie. Ausgerüstet mit 3D-Brillen, hochqualitativen Kopfhörern und einem Herz aus Silikon, welches die Herzschläge der Tänzerin zeitgleich überträgt, tauchen die Zuschauer in die Körperwelt von Yui Kawaguchi ein, lauschen ihren Gedanken und werden Teil einer intensiven sinnlichen Erfahrung voller Zartheit .
Yui Kawaguchi begann, indem sie Gesten und Gaben mit ihren Händen formte, ohne dabei die Haltung der Teezeremonie zu verlieren - währenddessen alles in ein poetisches Umfeld eingetaucht wird, mit Bildern von schönen Protozoonen, immensen Meeren oder farbigen Elementarteilchen – um das Stück mit einem agilen, technisch beeindruckenden Tanz zu beenden. All dies in einer gänzlich zeitgenössischen Sprache, wobei sie dennoch die Vorstellung von traditionell geführter Gastfreundlichkeit und Weiblichkeit entfaltet.